Angelika Schoder
Angelika Schoder

5 Fragen an: Dr. Angelika Schoder

Die Gründerin des Blogs „MusErMeKu“ promovierte in Soziologie über „Mitteleuropa und angelsächsische Welt – 1300-2000“. Und auch in diesem Interview blickt sie kurz in die Vergangenheit, um die Digitalisierung zu fassen. Auf ihrem Blog beschäftigt sie sich seit 2013 mit der Museumsszene und digitaler Kunstvermittlung.  Sie hat sich bereit erklärt, mit KulturData ein Interview via E-Mail zu führen. Sie antwortete auf die 5 Fragen zur digitalen Transformation, die auch bereits andere Experten zum Nachdenken angeregt haben. Am Ende des Beitrages finden Sie eine Übersicht der Interviewpartner. Wollen Sie lieber alle Antworten nach Frage sortiert haben? Diese Übersicht finden Sie demnächst hier.


 1. Außerhalb der Kulturbranche reden alle von Digitalisierung. Ist das in Kulturbetrieben bereits ein Thema – abgesehen von Social Media?

»Auch innerhalb der Kulturbranche zählt seit mindestens 10 Jahren die Digitalisierung zu den wichtigsten Themen. Zumindest bei großen Institutionen ist die entscheidende Frage dabei nicht mehr, ob eine digitale Strategie in eine übergreifende Institutionsstrategie integriert werden muss, sondern eher wie dies erfolgreich geplant und umgesetzt werden kann.

Zu den Vorreitern zählen hier v.a. anglo-amerikanische Institutionen. Im Museumsbereich sind das etwa das Metropolitan Museum of Art in New York, der Smithsonian Verbund in Washington D.C., das Victoria and Albert Museum oder die Tate in London. In Deutschland hakt es im Vergleich dazu etwas. Selbst große Museen haben hier noch nicht mit der Planung entsprechender Konzepte zur Digitalisierung begonnen; das Frankfurter Städel Museum zählt z.B. zu den wenigen. Meist geht es erst einmal um kleinere digitale Strategien für Projekte, z.B. Apps oder Objektdatenbanken.«

2. Sollte ein Kulturbetrieb, wie andere Betriebe auch, Daten sammeln und nutzen?

»Die meisten Kulturinstitutionen erheben ja schon seit Jahrzehnten Daten und werten diese aus. Was einst noch Einträge in Gästebüchern waren, Besucherbefragungen und das Sammeln von Adressen für Postwurfsendungen, erfolgt heute eben digital. Zusätzlich zu Gästebüchern (viele Institutionen haben diese noch), werden heute Nutzerstatistiken und Kommentare in Social Media ausgewertet. Besucherbefragungen finden nicht mehr nur auf Papier statt, sondern über Onlineformulare. Und Adressen werden heute eben eher für den Newsletter-Versand gesammelt. Zudem wird mit Analytics Tools natürlich auch das Verhalten digitaler Besucher erfasst, etwa wenn sie Online-Angebote nutzen.

Zusätzlich haben Institutionen heute aber auch die Möglichkeit, ihre Sammlungs- und Archivbestände zu digitalisieren und die so gewonnenen Daten für die wissenschaftliche Forschung zu nutzen. Die Digital Humanities eröffnen hier neue Möglichkeiten, digitale Editionen zu erstellen, quantitative Analysen durchzuführen oder komplexe Datenstrukturen zu visualisieren.«

3. Im British Museum gibt es bereits ein Data Science Team. Werden deutsche Kulturbetriebe in Zukunft auch Programmierer einstellen? Welche Aufgaben könnten diesen zukommen?

»Gerade im Forschungsbereich kommt, wie erwähnt, den Digital Humanities eine große Bedeutung zu. Die Frage ist aber, ob Institutionen entsprechende Fachleute wirklich in Zukunft direkt einstellen werden, oder ob sie eher mit Forschungsinstituten und Universitäten zusammenarbeiten werden.

Auch was die Programmierung digitaler Anwendungen und Tools angeht, ist im Moment eher zu beobachten, dass Institutionen entsprechende Aufträge an Agenturen outsourcen und IT-Spezialisten eher nicht direkt eingestellt werden.«

4. Manche Kulturarbeiter sehen den digitalen Besucher als gleichwertig zum Besucher in der »echten« Welt an. Sie auch?

»Ich wüsste nicht, warum digitale Besucher nicht gleichwertig wie physische Besucher vor Ort wahrgenommen werden sollten. Es gibt nur einen Unterschied: Solange man keine Paywall für den Zugang zu Online-Angeboten einrichtet, ist es natürlich so, dass physische Besucher Eintrittsgelder bringen. Davon abgesehen haben virtuelle Besucher und Besucher im „echten Leben“ aber die gleichen Ansprüche an Kulturinstitutionen: Sie möchten unterhalten werden und/ oder sich weiterbilden. Solange Kulturinstitutionen sich auch nur im mindesten die Themen Bildung und Vermittlung zum Ziel gesetzt haben, sollten sie diese Ziele auch vollumfänglich verfolgen – egal ob es sich um Besucher vor Ort handelt, oder um virtuelle Besucher.«

5. Was wird in 5 Jahren die größte Herausforderung für Kulturbetriebe sein – abseits von Budgets?

»Budgets sind gerade im Kulturbereich immer ein wichtiges Thema. Davon abgesehen wird es eine Herausforderung sein, mit aktuellen technischen Entwicklungen schrittzuhalten. Und es wird vielleicht zunehmend schwierig sein, geeignete Fachkräfte als Mitarbeiter zu gewinnen, welche die Digitalisierung auch fachlich mit tragen können. Aktuell zeigen sich Kulturinstitutionen ja meist nicht gerade als attraktive Arbeitgeber. (siehe: – Die Zukunft der Kulturarbeit – fair statt prekär



Weitere Interviews:

  • Christian Henner-Fehr (kulturmanagement.wordpress.com)
  • Hannes Tronsberg (actori)
  • Sven Kielgas (Serviceplan)
  • Dr. Matthias Schloderer (Bayerische Staatsoper)

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