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Hannes Tronsbeg
Hannes Tronsbeg

5 Fragen an: Hannes Tronsberg

Seit 2015 ist Hannes Tronsberg als Berater bei der strategischen Unternehmensberatung actori tätig. Als Projektleiter arbeitet er u.A. mit Theatern, Konzerthäusern und Museen zusammen. Er hat sich bereit erklärt, mit KulturData ein Interview via E-Mail zu führen. Er antwortete auf die 5 Fragen zur digitalen Transformation, die auch bereits andere Experten zum Nachdenken angeregt haben. Am Ende des Beitrages finden Sie eine Übersicht der Interviewpartner.


 1. Außerhalb der Kulturbranche reden alle von Digitalisierung. Ist das in Kulturbetrieben bereits ein Thema – abgesehen von Social Media?

»Ein Thema ist es auf jeden Fall. Das Verständnis um was es aber eigentlich geht ist nicht einheitlich. Grundsätzlich sollte man zwischen verschiedenen Aspekten unterscheiden. Digitale Kommunikation ist heute bei allen größeren Institutionen ein fester Bestandteil. Die Bedeutung im Kommunikationsmix unterscheidet sich, aber mindestens einen Newsletter gibt es fast überall. Recht viele Museen haben darüber hinaus begonnen ihre Objektive zu digitalisieren, sprich einzuscannen. Häufig werden diese Digitalisate dann mit einer Suche und ggfs. Filterfunktionen Interessierten zugänglich gemacht.

[tweetshareinline tweet=“Das, was wir im Wirtschaftskontext aber heute mit Digitalisierung meinen, geht darüber hinaus.“ username=“Kulturdata“] Es betrifft das „Business Modell“ der Kulturinstitutionen. Und hier sind wir erst am Anfang, auch wenn manche internationalen Museen vielleicht einen kleinen Schritt weiter sind…«

2. Sollte ein Kulturbetrieb, wie andere Betriebe auch, Daten sammeln und nutzen?

»Das tun sie bereits seit langer Zeit. Die Erfassung von Besuchszahlen und Besucherstrukturen ist auch Datensammeln. Die Frage, die sich mit der leichteren Erhebbarkeit, Aufarbeitung und Analyse von Daten stellt, ist, welche personenbezogenen Daten nutze ich zur Verbesserung meines Angebots.

Immer größere Anteile von Zielgruppen sind nur noch online ansprechbar. Ich komme als Kulturinstitution also gar nicht umher auch diese Wege zu nutzen – auch wenn ich „nur“ ein lokales Angebot vermarkten möchte.«

3. Im British Museum gibt es bereits ein Data Science Team. Werden deutsche Kulturbetriebe in Zukunft auch Programmierer einstellen? Welche Aufgaben könnten diesen zukommen?

»Programmierer im Sinne von Systementwicklern, die Anwendungen oder Websiten programmieren, werden vermutlich nur in einzelnen sehr großen Institutionen vorzufinden sein. Das kommt vermutlich auch sehr auf das spezifische Angebot an. In der Regel ist in diesem Zusammenhang die Kooperation mit einem externen Partner zielführender. Mittelfristig sind Ressourcen im Bereich Data Science eher vorstellbar – auch wenn die Weiterentwicklung von Analysetools durch ML/AI [Anmerkung d. Red. Machine Learning/Artifical Intelligence] das vermutlich nicht zu einem dauerhaften Zustand machen wird.

Dass grundsätzlich das notwendige Know-how und die Ressourcen – mit Bezug zu IT-Infrastruktur und digitalen Präsentationsformen – an Bedeutung gewinnen werden, sehe ich als wahrscheinlich an. In diesen Teams werden dann tech-savvy Digital Natives sitzen für die das Nutzen und die Adaption von Tools zum Alltag gehört und die nicht einzelne Inselbegabungen haben.«

4. Manche Kulturarbeiter sehen den digitalen Besucher als gleichwertig zum Besucher in der »echten« Welt an. Sie auch?

»Da muss ich leider die typische Beraterantwort geben: es kommt darauf an. Das Anschauen eines kurzen Videos auf Youtube oder der Website der Institution ist sicher nicht gleichzusetzen mit dem zweistündigen Besuch einer Ausstellung oder Oper.
Es gibt bereits Institutionen deren digitale Vermittlungsangebote große Reichweiten erzielen und zumindest teilweise lokale Angebote „ersetzt“ haben. Manche Zielsetzungen können mit digitalen Angeboten in meinen Augen auch besser erreicht werden. Da kann man dann sicher von einer gewissen Vergleichbarkeit der Nutzung sprechen.

Eine vollständige Gleichsetzung wird es vermutlich nicht geben, aber auch heute werden Besuche je Angebotstyp (z. B. Sparten eines Theaters) gezählt. In dieser Systematik werden entsprechende Kategorien in Zukunft sicher um verschiedene digitale Formate ergänzt werden.«

5. Was wird in 5 Jahren die größte Herausforderung für Kulturbetriebe sein – abseits von Budgets?

»Das wird sich vermutlich nicht so stark verändern. Es ist heute das Thema Vertrieb und wird es auch in Zukunft sein. Die digitalen Marketingaktivitäten von Kulturinstitutionen beschränken sich darauf, Inhalte an verschiedenen Plätzen „abzuladen“. Das ist natürlich zuallererst die eigene Website und die eigene Facebook Gruppe/Company Page. Kaum jemand unternimmt aktiv etwas für die Distribution der generierten Inhalte.

Facebook und Google machen den Job nicht kostenlos. Die organische Reichweite auf Facebook ist vor allem für Text- und Bildmaterial nur noch sehr gering. Für die Distribution von Flyern und Programmheften werden Dienstleister bezahlt. Für die Distribution von digitalen Inhalten wird kein Geld ausgegeben. Das digitale Pendant für „flyern“ und „Plakate hängen“, den meistgenutzten OoH-Maßnahmen [Anmerkung d. Red. „Out of home“ -> Außenwerbung], setzt noch kaum eine Institution strategisch ein.«

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