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Seattle

Repertoire Scoring: Die 5 Nachfrage-Faktoren für Programme der Seattle Opera

Die Zukunft voraussagen. Keinen geringen Anspruch hat folgende Methode (Repertoire Scoring), um herauszufinden, wie hoch die Nachfrage für ein Programm sein wird. Dabei wird ein einfach zu verstehendes Konzept verwendet, welches aus drei Schritten besteht.

  1. Aspekte definieren, die die Nachfrage beeinflussen
  2. Diesen Aspekten quantitative Werte zuordnen (aus der Sicht des Publikums)
  3. Aufsummieren und in Relation setzen

Beispiel Seattle Opera

Jedes Programm wird anhand von 5 Aspekten definiert:

  1. Beliebtheit des Titels
  2. Beliebtheit des Komponisten
  3. Beliebtheit der Sänger
  4. Seltenheit
  5. „Buzz“ (der Hype, die Aufmerksamkeit, die das Stück bekommt)

und dann anhand einer festen Skala durch Mitarbeiter von unterschiedlichen Abteilungen (Marketing, Dramaturgie, Ticketing) bewertet. Wenn wir dieses Vorgehen simulieren und diese Aspekte nun auf einer Skala von 0 – 5 bewerten (aus der Sicht des Publikums/einer Zielgruppe), könnte sich folgendes Bild bei der Oper „Die Zauberflöte“ als Premiere ergeben (mit ziemlich bekannten Sängern).

  1. Titel: 5 (sehr beliebt/bekannt)
  2. Komponist: 5
  3. Sänger: 4
  4. Seltenheit: 1 (wird häufig gespielt, hoher Wettbewerb)
  5. Buzz: 4 (Premiere)

SUMME: 5+5+4+1+4 = 19 von 25 möglichen Punkten, entspricht 19/25= 76%.

Wenn dies nun mehrere Mitarbeiter unabhängig voneinander durchführen, könnte sich ein Durchschnitt von 75% ergeben. Das Programm (falls es nur aus dieser Oper besteht) ist somit ein sehr beliebtes Programm. Das klingt jetzt erstmal nach einer offensichtlichen Aussage – klar ist Figaro beliebt.

Nützlich ist dieses Verfahren bei Programmen, bei denen nicht gleich ersichtlich ist, ob es beliebt ist. Beispielsweise ein Konzertabend mit bekannten Stücken, aber unbekannten Dirigenten, wenig Buzz und selten gespielten Werken. Pro Programmpunkt kann damit diese „Score“ errechnet werden und damit abgeschätzt, wie und in  welcher Zielgruppe verstärkt dieses Konzert beworben werden muss. Beispielsweise ergeben die Summen der Mitarbeiter, dass die Stücke zwar beliebte Titel haben, jedoch keinen beliebten Sänger. Es könnte somit von Vorteil sein, nicht die Besetzung als Kern der Botschaft zu kommunizieren.

Anmerkungen und Ergänzungen

Diese Methode kann um historische Daten erweitert werden. Programme aus der Vergangenheit werden anhand der festgelegten Aspekte bewertet und dieser Summe die Auslastung gegenübergestellt. Sammelt man diese Daten nun für viele Spielzeiten und Programme, lässt sich herausfinden, welche Aspekte miteinander in Korelation stehen. Beispielsweise könnte sich zeigen, dass bei der Oper „Die Zauberflöte“ die Wahl des Aspektes „Regisseur“ größeren Einfluss auf die Auslastung hat als der Aspekt „Sänger“.

Kritik

Problematisch an dieser Methode ist, dass es uptisch erscheint, alle relevanten Aspekte zu kennen, die die Nachfrage tangieren. Zu den genannten internen Aspekten müssen noch externe Aspekte Beachtung finden, wie Wetter, Konkurrenz, Wochentag etc. Dennoch ist auch das nicht unmöglich und wird einfacher, wenn man Software nutzt, die diese Daten bereitstellen. Ein weiterer Punkt ist die Quantifizierung der Aspekte. Diese soll aus dem Blickwinkel des Publikums entstehen. Das ist problematisch, da sich das Publikum in viele, verschiedene Segemente (Anspruchs-/Interessens-/Vorliebegruppen) unterteilen lässt und sich deren Wahrnehmung und Segmentierungseigenschaft ändern kann. Außerdem ist eine Befragung von repräsentativen Gruppen nach deren Einschätzung (1 -5) (Peer-Reviews) aufwendig (so geschehen im British Film Institute), wodurch die Mitarbeiter diese Quantifizierung selbst schätzen müssen.

Excel-Tabelle mit Beispiel

Hier können Sie eine Excel Tabelle herunterladen, bei der ich verschiedene Aspekte über einen Zeitraum von 10 Jahren betrachte, um mittels mehrerer linearen Regressionsanalyse herauszufinden, welche Aspekte miteinander korrelieren. Es wurde jedoch keine Partialkorrelation betrachtet, d.h. ob sich die Aspekte untereinander beeinflussen.

Hier klicken, um die Excel-Datei zu downloaden: Repertoire Scoring kulturdata


Quelle: Backer Richards: Knowing The Score, Juni 2017

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