In Teil 7 der Reihe »Besuchersegmentierung im Kulturmarketing« zeige ich, welche Werbemittel (Media) Theater nutzen, um ihre Zielgruppen anzusprechen. Dabei betrachten wir die Medien anhand ihrer Targeting-Tiefe. Das bedeutet, dass wir uns anschauen, wie genau das Medium auf eine Zielgruppe ausgerichtet werden kann.
Ein Beispiel zum Verhältnis aus Werbemittel & Targeting-Tiefe
Plakate als Werbemittel sind super, um lokal zu segmentieren. Man kann viele Menschen an einem bestimmten Ort erreichen. Aber diese Leute kann das Plakat nicht erneut z.B. nach dem Alter segmentieren. Mittels Plakaten kann man nicht nur junge Menschen erreichen – man zahlt auch für die älteren Betrachter. Sogar, wenn diese nichts mit der Botschaft des Plakates anfangen können.
Wenn Theater ihre Zielgruppe ausgewählt haben, brauchen sie also dringend ein Medium/Werbemittel, um diese spezielle Gruppe an Personen erreichen zu können. Es nützt nichts, wenn man »Mehrfachkäufer« als Zielgruppe definiert hat, aber dann kein Medium/Kanal findet, um diese Mehrfachkäufer auch zu kontaktieren.
Umfrage: Welche dieser Targeting Methoden werden in Ihrem Theater verwendet?
Hinweis: In der Umfrage wurde Facebook-Marketing nicht als ein einziger Block abgefragt, sondern nach dessen Targeting-Methoden (2018) aufgesplittet. Da wir sie gesondert betrachten, wurden sie auch farblich hervorgehoben.
Ergebnisse der Umfrage
Die x-Achse zeigt die verschiedenen Targeting-Methoden bzw. Werbemittel, aus denen die Theater wählen konnten. Die y-Achse zeigt den Anteil der Theater, die die Antwort ausgewählt haben.
Plakate/Flyer nutzen 100% (also 48) der befragten Theater. Bannerwerbung in Print (Zeitungen, Magazine etc.) nutzen auch fast alle (96%). Platz 3 belegt das E-Mail-Marketing (92%).
Mehr Theater nutzen Facebook-Beiträge (67%) als Radio-Werbung (58%). Etwa die Hälfte der Theater nutzt die Targeting-Methode »FB Interessen«, um die Facebook Werbung auf Personen mit einem bestimmten Interesse einzugrenzen. (Das wäre z.B. bei einem Orchester die Möglichkeit, Social Media Anzeigen gezielt an Menschen auszuspielen, die sich für »Mozart« interessieren.)
»FB Lookalikes« bezeichnet das Angebot von Facebook/Instagram gezielt nach Menschen zu suchen, die z.B. den eigenen Webseitenbesucher*Innen ähneln. 23% der Theater nutzen dieses Targeting. Um Webseitenbesucher anzusprechen ist die Targeting-Methode des »FB Verhaltens» (23%) nötig. Dabei sammelt Facebook-Nutzer, die z.B. eine gewisse Unterseite der Webseite besucht haben, als Zielgruppe.
Influencer Marketing und SEO/SEA (also Suchmaschinenoptimierung oder bezahlte Anzeigen in einer Suchmaschine) sind die am wenigsten genutzten Methoden, um eine Zielgruppe anzusprechen.
Kombination der Targeting-Optionen
Die Facebook-Targeting-Methoden lassen sich kombinieren, um die Zielgruppe noch genauer einzugrenzen, indem z.B. die Personen nach dem Wohnort UND Alter UND Interesse eingegrenzt werden. Die Anzahl der Kombinationen würde die Targeting-Tiefe nochmals erhöhen. Werden alle 4 Kombinationen von einem Theater genutzt, ließe sich daraus schließen, dass (wenn gemeinsam eingesetzt) die Zielgruppenansprache sehr genau definiert wird (hohe Targeting-Tiefe).
Das arithmetische Mittel lag jedoch bei ø1.5 – im Durchschnitt nutzen Theater also nur 1-2 der Facebook-Möglichkeiten in Kombination.
Erkenntnisse zum Status-quo
Wie anfänglich erläutert, braucht es für eine zielgruppengenaue Ansprache auch die passenden Kanäle, um Botschaften angepasst zu senden. Analoge Werbemittel, wie Radio, Plakate und Flyer lassen jedoch nur eine grobe Zuspitzung zu und haben daher tendenziell hohe Streuverluste. Digitale Targeting-Methoden, die z.B. Facebook und Instagram anbieten, lassen eine viel höhere Targeting-Tiefe zu, um genau diese Streuverluste zu vermeiden. Doch weniger als die Hälfte der Theater nutzt diese Chance.
Die Möglichkeit, eine einzige Veranstaltung/Ausstellung/Inszenierung mittels jeweils auf die Zielgruppe angepasster Botschaften zu bewerben, wird noch nicht flächendeckend eingesetzt.
Auch SEO/SEA wird als Werbekanal noch selten eingesetzt. Dabei können Theater dort, exakt in dem Moment wo eine Nachfrage (auf Google) entsteht, ihre Werbebotschaft kommunizieren. Die Zielgruppe der Personen, die an diesem Wochenende in ein Theater gehen wollen, aber vermutlich noch nicht wissen, in welches, kann z.B. über eine Werbeanzeige auf Google bei Suchanfragen wie »Theater Wochenende« angesprochen werden.
Handlungsempfehlungen für Theater
Online Marketing kann bereits mit 1€ am Tag umgesetzt werden. Viel erreicht man damit zwar nicht, aber die Hürde, damit anzufangen ist ziemlich gering. Wenn es gut läuft, kann es innerhalb von Sekunden auf 500€ am Tag skaliert werden, wenn es schlecht läuft genauso schnell wieder zurück.
Wenn ein Theater seine Zielgruppen sauber definiert hat, ist Online-Marketing eine gute Möglichkeit, um die Theorie in der Praxis zu testen.
- Ist die Zielgruppe wirklich passend – reagiert sie wie erwartet?
- Was kostet es uns wirklich, diese Zielgruppe zu erreichen?
- Können wir uns die Ansprache von neuen »kalten« Zielgruppen überhaupt leisten?
- Ergeben sich durch digitale Möglichkeiten neue Zielgruppen, die wir vorher nie auf dem Schirm hatten, da wir sie nie ansprechen konnten? (Spoiler: JA!)
Das alles sind Fragen, die sich ein Theater stellen sollte, um vom Massenmarketing hin zu einer personalisierten Ansprache zu gelangen, um das Marketingbudget rentabler zu investieren.
Wenn du mit Teil 8 weitermachen möchtest, kannst einfach in meiner Masterarbeit weiterlesen. Darin erfährst du, wieso Personalisierung in den Marketingabteilungen noch als Zukunftsmusik gilt, aber in einer anderen Abteilung eines Theater bereits gelebt wird. Außerdem für ich dich in das Thema „Künstliche Intelligenz“ein, um Besucher*Innen dynamisch zu segmentieren.
Die Masterarbeit sende ich dir gerne als PDF zu: hk@holgerkurtz.de